Herkunft und Geschichtliches

Weiße Schäferhunde

sind keine Modeerscheinung neuerer Zeit;

es gab sie schon seit alters her!
Max von Stephanitz, der „Vater des Deutschen Schäferhundes“, hat einmal sehr treffend geschrieben:
„Ein guter Hund kann keine schlechte Farbe haben“.
Das muß er im Jahre 1933 aber irgendwie vergessen haben. Aber dazu später an anderer Stelle mehr.

Aus zahlreichen Artikeln in den Medien ist der breiten Öffentlichkeit zwar bekannt, daß dieser Hund seinen Ursprung mit dem Deutschen Schäferhund teilt, aber nur wenige wissen, warum seine Nachfahren weiss sind.

 
 

Im ersten Jahrhundert vor Christus hat der römische Geschichtsschreiber Marcus Terentinus Varro von den Hirtenhunden berichtet, die zu seiner Zeit verwendet wurden. Interessant dabei ist, daß diese Hunde immer weiß waren.

Die Schäfer, schreibt Varro, bevorzugten weiße Hunde, weil diese leichter von Wölfen zu unterscheiden waren. Schon damals konnte man zwei deutlich verschiedene Typen von Hunden unterscheiden, die zur Arbeit an den Herden eingesetzt wurden:
Große Hunde zum Schutz der Herde. Sie wogen mehr als 50 kg und schützten die Herde vor Raubtieren.
Hunde von kleinerem Körperbau, die sogenannten Treib- oder Hütehunde mit einem Gewicht von nicht mehr als 25 kg. Diese beweglicheren Hunde dienten dazu, die Herden von einem Weidegrund zum nächsten zu treiben.
Die erstgenannten Herdenschutzhunde, hierzu gehören zum Beispiel in Frankreich der Pyrenäen Berghund, in Italien der Pastore Maremmano (auch Abruzzen-Schäferhund genannt), in Ungarn der Kuvasz oder in Polen der Owczarek Podhalski (auch Tatra-Schäferhund genannt).
Diese Hunde sind alle weiß.

Zwischen 1871 und 1899 wurde in Deutschland noch ein weiterer, langhaariger Hund verbreitet als Schäferhund eingesetzt; der Schafpudel.
Dieser ebenfalls weiße Hund hatte eine enorm starke Hinterhand und teilweise aufrecht stehende Ohren.
Infolge strenger Selektion hatten sich im Laufe der Zeit wesensmäßig einheitlich veranlagte, Herdengebrauchshunde herauskristallisiert, die durch ihre ruhige und auch zuverlässige Arbeit den Beschauer stets fasziniert haben.


So hatte anlässlich eines Manövers, einen Befehl abwartend, auch Rittmeister Max von Stephanitz Gelegenheit, von einem Hügel aus einen hütenden Schäfer mit seinem Hund zu beobachten.
Fortan ließ es den Rittmeister nicht mehr los, ein solches Tier zu besitzen, und dieser Wunsch wurde dann auch Realität.
Der „Vater des Deutschen Schäferhundes“ war derjenige (auch wenn er nicht der Erste war), der der Entwicklung zur Zucht der verschiedenen Schäferhundtypen den entscheidenden Anstoß gab.
 

Auch ist es kein Zufall, daß sich alle bekannten Schäferhundzüchter jedes Jahr in Karlsruhe zu einer der größten Hundeausstellungen treffen.
Denn dort ist es gewesen, wo Max von Stephanitz am 22. April 1899 den „Verein für Schäferhunde“ (SV) gründete.
Als Modell zur Schaffung der neuen Rasse diente ihm der in seinen Augen nahezu ideale Rüde Hektor Linksrhein, den er dreijährig von dem Frankfurter Züchter Sparwasser erwarb und in Horand von Grafrath umtaufte. Mit der ersten Eintragung führte er später das Zuchtbuch der Deutschen Schäferhunde an, und darf somit als Stammvater seiner Rasse bezeichnet werden. Ganz gleich, welcher Linie ein Deutscher Schäferhund heute entstammt. Der von Max von Stephanitz und seinem Freund Meyer gegründete Verein registrierte in den Folgejahren mehrere tausend Hunde, die fast alle auf die ein oder andere Weise mit Horand verwandt waren.
Wenn man die Vorfahren des Horand von Grafrath näher untersucht, wird man feststellen, daß Weiss beim Schäferhund eine ganz natürliche Farbe war.

Diesbezüglich gibt der englische Richter und Autor Horowitz wertvolle Hinweise in seinem 1923 verfassten Buch „The Alsation“ (Der Deutsche Schäferhund).Darin berichtet er, dass im Jahre 1882 zwei weiße Hunde an der Schäferhundausstellung zu Hannover teilnahmen, wovon der eine, Greif, 1887 erneut in Hannover ausgestellt wurde. 1888 wurde auf der Ausstellung in Hamburg ein weiterer weißer Hund, Greifa, vorgestellt. Auf der Ausstellung 1889 in Kassel, Greif II, ebenfalls ein weißer Hund. Diese Hunde standen im Besitz des Barons von Knigge. Im Buch „Der Deutsche Schäferhund“ – Seine Geschichte, Entwicklung und Genetik – von M. B. Willis, findet man die gleiche Information über Greif und Greifa. Horand von Grafrath, der als Stammvater fast aller modernen Deutschen Schäferhunde gilt, ist ein Nachfahre von Greif. Um genau zu sein, sein Enkel. Die weiße Fellfarbe ist ganz offensichtlich genetisch in der Rasse fixiert. Auch waren einige Nachfahren von Horand weiß, beziehungsweise trugen sie zumindest Gene für weisse Fellfärbung in sich.

Mithin ist der Weiße Schäferhund keine genetische Mutation oder irgendeine Anomalie, denn schon die Vorfahren des Deutschen Schäferhundes waren teilweise weiß. Auch ist es keine Form des Albinismus, denn Augen und Nasenspiegel der Weißen Schäferhunde weisen eine ganz normale Pigmentierung auf.

Nicht nur geschichtlich und politisch sollte das Jahr 1933 ein bedeutendes Jahr werden. Es sollte auch das „AUS“ für den Weißen Schäferhund werden, wenn sich nicht Züchter in den USA und Kanada der Zucht der Weißen Schäferhunde angenommen hätten und damit den Fortbestand gesichert hätten. Bis heute lässt sich nicht nachvollziehen, was Max von Stephanitz, dem Gründer der Rasse, dazu bewogen haben mag, der Entscheidung des Vereins für Deutsche Schäferhunde zuzustimmen, den Farbschlag Weiß aus dem Standard des Deutschen Schäferhundes zu streichen und seit dem Weisse Schäferhunde nicht mehr zur Zucht zuzulassen.

 
Aufgrund dieser Änderung verschwanden Weiße Schäferhunde fast vollständig aus Deutschland und Europa.
Mit Ausnahme von England fand man in den 60er Jahren keine Weiße Schäferhunde mehr in Europa. Obwohl seit Urzeiten weiße Hunde zum Hüten und Bewachen von Herden eingesetzt wurden und es etliche Rassen gibt, in denen die Farbvariante Weiß weiterhin existiert und die keine genetischen Probleme haben.
Nachdem im Jahre 1933 das europaweite „AUS“ für den Weißen Schäferhund eingeläutet wurde, war es hierzulande lange still um den blütenweißen Hund mit den dunklen, pigmentierten Augen, Nasen und Lefzen, die seinem Gesicht ein so besonders ausdrucksvolles Aussehen verleihen.

Hätten sich nicht Züchter in den USA und in Kanada seiner angenommen und ihn als White German Shepherd Dog (Weißer Deutscher Schäferhund) weiter gezüchtet, wer weiß, wie es sonst um den Fortbestand der Rasse bestellt gewesen wäre.

Immerhin mussten fast 40 Jahre vergehen, bis der Weiße Schäferhund den Weg zurück nach Europa fand (1970), wo man in der Schweiz 1972 mit der Reinzucht der Rasse begann.
Agatha Burch brachte ihren 1966 geborenen Rüden „Lobo“ aus den USA in die Schweiz mit. Dieser Rüde kann als Stammvater der Rasse in der Schweiz angesehen werden. Aus Verbindungen mit diesem, in der Schweiz registrierten, Rüden, sowie weiteren Importhunden aus den USA und Kanada, wurden die Weißen Schäferhunde allmählich über ganz Europa verbreitet, wo sie heute, über Generationen rein gezüchtet, in großer Zahl leben.

Deshalb werden diese Hunde seit Juni 1991 in der Schweiz als neue Rasse im Anhang des Schweizerischen Hundestammbuches (SHSB) geführt.
1978 fanden schließlich die ersten Weiße Schäferhunde zurück in ihre Urheimat Deutschland, wo die organisierte Reinzucht 1982 ihren Anfang nahm.
Obwohl er ursprünglich aus Deutschland stammte, war der Weiße Schäferhund bis in die 1980er Jahre doch beinahe ganz aus seinem Heimatland verschwunden. Dann aber fanden sich einige Züchter, mit dem Wunsch, die verloren gegangenen weiße Schäferhunde wieder ausfindig zu machen.
Wenn man die Ahnentafel der aus den USA oder Kanada importierten weißen Schäferhunde verfolgt, stellt man fest, daß alle diese Hunde ursprünglich aus den allerbesten Linien dunkelfarbiger Deutscher Schäferhunde stammten, wie zum Beispiel der Linie „Vom Osnabrücker Land“.
 
 

Die Anerkennung

Obwohl die Population der Weißen Schäferhunde besonders in Deutschland, der Schweiz, in Holland, Frankreich, Österreich und Schweden in den Folgejahren einen steilen Aufschwung nahm, waren die Verantwortlichen der FCI und deren Verbandskörperschaften nicht gewillt, einer internationalen Anerkennung näher zu treten. Ein Gegner der Rasseanerkennung war der SV, der den „Weißen“ ja noch immer als eine Fellmutation des Deutschen Schäferhundes betrachtete und so eine Anerkennung über Jahre mit Erfolg verhindern konnte. Der Druck auf die nationalen FCI Verbandkörperschaften wurde aber immer größer, denn die zunehmende Population und vor allem auch die zunehmende Bekanntheit und Beliebtheit blieb auch den Vorständen der nationalen FCI Verbandskörperschaften nicht verborgen und es kann den Verantwortlichen der Vorwurf nicht erspart werden, dass sie ihrer kynologischen Verantwortung über Jahre keinesfalls nachgekommen sind.
Im Jahr 2001 hat sich die SKG (Schweizerische Kynologische Gesellschaft) bereit erklärt, den für die internationale Anerkennung notwendigen Antrag an die FCI zu stellen. Dass die Schweiz das erste Land war, das acht voneinander unabhängige Linien nachweisen konnte, führte auch dazu, dass die Schweiz das Mutterland des Weißen Schäferhundes geworden ist, und der Name mit „Berger Blanc Suisse“ festgesetzt wurde. Seit 1. Januar 2003 ist der Weiße Schäferhund nun offiziell als Rasse mit der Standardnummer 347 von der FCI als provisorische anerkannt.